München (dpa) - Ozzy Osbourne (61), als «Fürst der Finsternis» bekannter Rocksänger, ist fast taub und sehr ängstlich.
«Es geht mir gut. Aber das mit den Ohren ist schlimm, lassen Sie sich mal 40 Jahre lang diese ganzen Dezibel ins Gesicht blasen. Ich bin fast taub und verstehe nur etwas, wenn jemand direkt vor mir steht», sagte der Brite der «Süddeutschen Zeitung». «Meine Frau Sharon macht das wahnsinnig, weil ich entweder nichts oder alles falsch verstehe. Ich habe seit Jahren Tinnitus.»
Der ehemalige Black-Sabbath-Sänger («40 Jahre lang war ich nur besoffen. Gründe gab es immer, Langeweile, Stress, Lampenfieber») hat sehr viele Ängste, wie er offen zugibt: «Ich fürchte mich heute noch vor den idiotischsten Dingen, Höhe zum Beispiel. Ich kann nicht mal auf Klappleitern steigen, ohne dass mir schwindelig wird. Horrorfilme? Vergessen Sie's!»
Ob er wegen seiner jahrzehntelangen Trunksucht in einer Gruppe der Anonymen Alkoholiker sei? «Ich kann heute ohne Probleme vor Tausenden Menschen auf einer Bühne stehen, aber Fremden sagen, wie ich mich fühle? Das pack ich nicht. Aber man wundert sich, wen man beim Entzug so trifft. Eric Clapton etwa, im Park einer Klinik. Ich wollte die Straßenseite wechseln, weil ich ihn nicht mochte, da rief er: "Ozzy!" Wir haben uns eine Weile unterhalten, eigentlich doch ganz nett der Typ.»
Nicht so ganz in Ordnung fand Osbourne den ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair, den er mal traf wie auch schon die Queen oder Prince Charles («ich schätze sie sehr»): «Er sagte zu mir: "Wissen Sie, dass ich auch in einer Rock'n'Roll-Band war? Und ich habe es nie geschafft, die richtigen Akkorde bei Iron Man zu spielen." Ich dachte, was redet er für einen Stuss, habe aber nichts gesagt. Während der spricht, sterben Menschen in Kriegen, bauen Irre Atombomben, schmilzt der Planet. Diese Typen da oben sollen verdammt nochmal die Welt retten, nicht Gitarre üben.»
Urteil Karlsruhe kippt Kehrwoche hel, veröffentlicht am 01.04.2006 Stuttgarter Kläger verliert Marathon-Prozess - Frau aus Thüringen muss nicht putzen - Richter berufen sich auf mittelalterliche Verordnung Foto: dpa
Stuttgart - Noch im März 2005 hatte der verfrühte Aprilscherz der Stuttgarter CDU-Gemeinderatsfraktion, die Kehrwoche als Unesco-Weltkulturerbe vorzuschlagen, für Aufsehen gesorgt - jetzt ist der Schwaben angeblich liebstes Kind ernsthaft in Gefahr.
Denn Wohnungseigentümer dürfen gegen den Willen des Mieters keine Verordnung zur Reinhaltung überdachter Stufen- und Treppenbauten sowie der zum Haus gehörenden Bürgersteige samt daran angrenzendem Straßenbegleitgrün - wie die Kehrwoche im Amtsdeutsch offiziell heißt - in der Hausordnung festschreiben. Zumindest nicht, wenn der Mieter außerhalb Stuttgarts geboren wurde. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am späten Freitagabend in Karlsruhe entschieden (Aktenzeichen: 2 BvRx 5308/007).
Damit wies das Gericht die Klage des Stuttgarter Wohnungseigentümers Hansjörg K. ab, der in seinem Mehrfamilienhaus im Westteil der Landeshauptstadt vehement auf die Durchführung der Kehrwoche bestanden hatte. Laut BVerfG ignorierte der 69-jährige Hausbesitzer die Herkunft des Mieters - in diesem Fall die der 23-jährigen Mandy S. aus Thüringen - vorsätzlich. Diese war mehrfach aufgefordert worden, den diversen Putzdiensten nachzukommen. Nachdem sich die zweifache Mutter über Wochen hinweg geweigert hatte, die laut Verteidiger "menschenverachtenden Tätigkeiten" durchzuführen, hatte der Prozess-Marathon im Februar 2001 begonnen.
Die Richter wiesen in ihrer Urteilsbegründung darauf hin, dass sich die junge Frau, wenn auch unwissend, gemäß dem so genannten Herkunftsrecht verhalten habe. Da die Frau in Thüringen geboren wurde, unterliegt sie nicht dem Stuttgarter Hausordnungsrecht aus dem Jahr 1376, auf das sich schwäbische Grund- und Hausbesitzer noch heute berufen. Die für den Urteilsspruch relevante Passage "all samestag, yhr keert dy trepp unde gehesteig samte kandel ybenso" hat nach Ansicht der Karlsruher Richter durch den direkt folgenden Satz "keeren muossen aber nuor diu in Stutengarten geborenen leut" lediglich eingeschränkte Gültigkeit. Die junge Frau sei als Hinzugezogene somit von jeglichen Kehrwochenpflichten per Gesetz befreit.
Die 23-Jährige zeigte sich nach dem Urteilsspruch beruhigt. "Für mich war das bei meiner Ankunft in Stuttgart ein regelrechter Kulturschock - so eine schöne Stadt und dann dieser ständige Putzzwang. Täglich hatte ich neue Schilder an der Wohnungstüre hängen: Treppendienst, Winterdienst, Bühnendienst, Waschküchendienst, Mülltonnenauswaschdienst, Kellerdienst." Zudem habe sie sich zuletzt durch vom Vermieter ausgeschnittene Zeitungsartikel über Neuerungen wie etwa beim Schneeschippen regelrecht verfolgt gefühlt. "Jeden Morgen fand ich einen weiteren Zettel an der Türe. 'Verwenden Sie kein Salz', 'Gehwege räumen bis 7 Uhr', 'Kaufen Sie sich eigenen Streusand' - ich bin froh, dass es endlich vorbei ist", sagte die Wahl-Stuttgarterin.
Ob in Zukunft nur noch gebürtige Stuttgarter kehren müssen, ist noch nicht abschließend geklärt. Der Kläger kündigte direkt nach der Urteilsverkündung Revision an. Wenn es sein müsse, werde er bis vor den europäischen Gerichtshof gehen, sagte der erboste Rentner in die zahlreichen Fernsehkameras. "Wo kommen wir denn hin, wenn sich Reingschmeckte nicht an die schwäbische Leitkultur halten wollen?"
Rückendeckung erhielt der Kläger aus seiner Heimatstadt, wo sich bis zum frühen Samstagmorgen spontan an die 100 Hausbesitzer und Mieter zu einer Demonstration auf dem Stuttgarter Schlossplatz einfanden. Mit Kehrwisch und Kutterschaufeln bewaffnet forderte die wütende Menge den Erhalt der Kehrwoche in ihrer jetzigen Form. Elfriede Holzwarth vom "Kommando Kandel" gab sich betont kampfbereit. "Vor der Hausordnung sind doch alle Menschen gleich. Wir sorgen schon dafür, dass sich auch Zugezogene an die Putzregeln halten - das sind wir den Treppenhäusern und Waschküchen dieser Stadt nun einmal schuldig", kündigte die 74-jährige Stuttgarterin unter Zornestränen an.
Den Vermietern in der Landeshauptstadt dürfte nach dem Karlsruher Urteil indes ein heißer Sommer ins Haus stehen. Denn wer die Treppenhäuser, Innenhöfe, Gehsteige und Kandel an Stelle der Hinzugezogenen zukünftig reinigen wird, darüber machten die Bundesrichter freilich keine Angaben.